Anwendungserlasse zur ErbSt-Reform veröffentlicht

In der Folge des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 17.12.2014 nun nach der Gesetzesänderung der nächste Schritt: Anwendungserlass(e) der Finanzverwaltung vom 22.6.2017.

Die Finanzverwaltung regelt damit im Detail, wie das geänderte Gesetz angewendet werden soll. Die Anwendungserlasse zur Erbschaftsteuer (AEErbst 2017) sind ausnahmsweise nicht "gleichlautend", sondern nur "koordiniert". Warum? Bayern scherte aus.

 

Im wesentlichen ging es bei der aktuellen Reform um die Begünstigungen des Betriebsvermögens, die dem Bundesverfassungsgericht zu weit ging.

 

Kurzüberblick über die Neuregelung

Betriebsvermögen bis 26 Mio. Euro wird grundsätzlich zu 85% von der Steuer befreit, zusätzlich gibt es einen Freibetrag von 150.000 Euro (sog. Regelverschonung). Auf Antrag (daher auch sog. Optionsverschonung) ist eine Befreiung von 100% möglich. Unterschiede ergeben sich jeweils v.a. bei der Lohnsummenregelung (siehe unten).

 

Für Betriebsvermögen über 26 Mio. Euro wurden ein Abschmelzmodell und eine Verschonungsbedarfsprüfung eingeführt.

Lohnsummenregelung

Die Lohnsummenregelung soll dafür sorgen, dass Arbeitsplätze erhalten werden. Dies ist zugleich auch eine wesentliche Rechtfertigung für die Betriebsvermögens-Befreiungen.

Die einzelnen Stufen der Lohnsummenregelung sind von der Anzahl der Arbeitnehmer im Betrieb abhängig. Bis zu 5 Arbeitnehmern entfällt die Regelung komplett. Zwischen 5 und 10 Arbeitnehmern müssen beispielsweise innerhalb von 5 Jahren (bei Regelverschonung) mindestens 250% der durchschnittlichen Lohnsumme vor Betriebsübergang eingehalten werden. Bei Optionsverschonung sind es dagegen 500% innerhalb von 7 Jahren - siehe dazu die Tabelle unten.

 

Lohnsummenregelung bei Regel- und Optionsverschonung
Lohnsummenregelung bei Regel- und Optionsverschonung

Die sog. Ausgangslohnsumme bestimmt sich dabei nach der durchschnittlichen Lohnsumme der letzten 5 vor dem Besteuerungszeitpunkt endenden Wirtschaftsjahre des Unternehmens. Besteuerungszeitpunkt ist z.B. der Todestag oder der Schenkungstag.

Vorwegabschlag für Familienunternehmen

Ein pauschaler Abschlag von 30% wird solchen Unternehmen gewährt, bei denen nach Gesellschaftsvertrag oder Satzung bestimmte Beschränkungen vorliegen. Dies sind z.B. Beschränkungen zur Gewinnentnahme/Gewinnausschüttung, Verfügungsverbote (Übetragungen nur innerhalb der Familie), Abfindungsregelungen, die einen Ausstieg nur unter Abschlägen im Vergleich zum realen Wert der Beteiligung ermöglichen. In diesen Fällen wird ein verringerter Marktwert im Gesetz entsprechend umgesetzt. Der Vorwegabschlag ist als Rechtsanspruch ausgestaltet, d.h. er wird ohen Antrag gewährt. In der Praxis wird allerdings natürlich der Berater dennoch ein wachsames Auge auf diesen Punkt haben müssen.

20 Jahre Unsicherheit

Wichtig: Der Vorwegabschlag steht 20 Jahre lang unter Feuer: die o.g. Bedingungen müssen für 20 Jahre vorliegen und auch tatsächlich so angewandt werden, ansonsten wird die Steuerfestsetzung korrigiert. Bei Vermögensübergängen in der Zeit (z.B. weiterer Generationenwechsel) wird eine laufende Frist an den Erwerber weitergegeben. Es könnte also sein, dass ein Verstoß beim Erwerber eine nachträgliche Steuerpflicht beim Übergeber auslöst! Insoweit wird in der Praxis an dieser Stelle genau zu prüfen und für vertragliche Regelungen zu sorgen sein.